Mit welchem Menschenbild führen Sie?

iStock_000013314252SmallSchon lan­ge vor der Erfin­dung der Gene­ra­ti­on X oder Y gab es eine „Theo­rie X/Y“. Da ste­hen aller­dings kei­ne Generationen-Kohorten im Mit­tel­punkt, son­dern die unter­schied­li­chen Vor­stel­lun­gen, die sich Füh­rungs­kräf­te von Mit­ar­bei­tern machen. Die Grund­an­nah­me, wie die ande­ren wohl so drauf sind und was sie antreibt, prägt die Zusam­men­ar­beit im gan­zen Team oder kom­plet­ten Unter­neh­men.

Wor­um geht bei die­sem „X“ und „Y“? Der ame­ri­ka­ni­sche Sozio­lo­ge Dou­glas McG­re­gor hat erforscht, mit wel­chen Grund­an­nah­men Füh­rungs­kräf­te ihren Mit­ar­bei­tern begeg­nen – und wie das wie­der­um die Bezie­hung und Zusam­men­ar­beit beein­flusst. Sein Buch „The Human Side of Enter­pri­se“ erschien 1960. McG­re­gor unter­schei­det im Kern zwei grund­ver­schie­de­ne Men­schen­bil­der oder Theo­ri­en:

Führungskreis Typ XTheorie X:

Füh­rungs­kräf­te, die die­se Theo­rie über ihre Mit­ar­bei­ter oft unbe­wusst im Kopf haben, glau­ben, dass Men­schen eigent­lich gar nicht arbei­ten wol­len. Des­halb müs­sen sie stramm gelenkt, auto­ri­tär geführt und mit beson­de­ren Anrei­zen moti­viert wer­den. Der Mit­ar­bei­ter vom Typ X scheut angeb­lich Ver­ant­wor­tung und Selbst­stän­dig­keit. Er strengt sich nur an, um mate­ri­el­le Sicher­heit zu haben. Er muss des­halb sehr genau beob­ach­tet wer­den. Nach die­sem Men­schen­bild brau­chen die Leu­te Druck, Kon­trol­le und vie­le ver­schie­de­ne “Möh­ren” und Beloh­nun­gen, um ihren Job ordent­lich zu machen.

Und sind die Men­schen im Team dann erst­mal rich­tig genervt und lust­los, dann fra­gen Theo­rie X-Führungskräfte nach Psy­cho­tricks und neu­en “Möh­ren”, wie sie die Kol­le­gen von außen moti­vie­ren kön­nen.

Theorie Y:

Die­se Grund­an­nah­me beschreibt den Men­schen als von Natur aus leis­tungs­be­reit und aus sich selbst her­aus moti­viTyp Yert. Wenn sich Mit­ar­bei­ter vom Typ Y mit den Zie­len und Wer­ten des Unter­neh­mens iden­ti­fi­zie­ren, sind exter­ne Kon­trol­len und Anrei­ze über­flüs­sig. Sie sehen einen Sinn im Enga­ge­ment und über­neh­men ger­ne Ver­ant­wor­tung, ent­wi­ckeln eige­ne Initia­ti­ven, ler­nen von­ein­an­der und kön­nen Pro­ble­me eigen­stän­dig lösen. Nach die­sem Men­schen­bild braucht es Frei­räu­me, Eigen­ver­ant­wor­tung und die Chan­ce zur Poten­ti­a­l­ent­fal­tung, damit die Zusam­men­ar­beit gut funk­tio­niert und die Ergeb­nis­se stim­men. (Das sind übri­gens alles Grund­an­nah­men, die in den letz­ten Jah­ren auch von der Hirn­for­schung bes­tö­tigt wor­den sind.)

Wenn ich Füh­rungs­kräf­te in Work­shops fra­ge, ob sie sich selbst eher als Ver­tre­ter von Theo­rie X oder Theo­rie Y sehen, kommt fast immer als Ergeb­nis: „Ich bin Typ Y, na klar. Ich über­neh­me gern Ver­ant­wor­tung. Sonst könn­te ich mei­nen Job gar nicht machen!“

Span­nend wird es bei der Fra­ge, mit wel­cher Hal­tung sie dann tat­säch­lich von ihren Mit­ar­bei­tern erlebt wer­den.

Theo­rie X: Den­ken Sie manch­mal: „Hmm, die Leu­te brau­chen doch Druck und kla­re Ansa­gen. Ver­trau­en ist gut, Kon­trol­le ist bes­ser.“ Dann haben Sie wahr­schein­lich unbe­wusst die Theo­rie X im Kopf. Kein Wun­der. Sie sind wahr­schein­lich schon in der Schu­le nach Theo­rie X behan­delt wor­den. Sie tun sich schwer damit, Ver­trau­en auf­zu­bau­en und den Kol­le­gen authen­tisch auf Augen­hö­he zu begeg­nen. Viel­leicht haben Sie auch ein Fai­ble für Mikro­ma­nage­ment, machen sehr genaue hand­lungs­ori­en­tier­te Vor­ga­ben und kon­trol­lie­ren seuf­zend, ob alles auch genau so aus­ge­führt wur­de, wie Sie es für rich­tig hal­ten. Für jeden Feh­ler gibt es einen Schul­di­gen. Das ist natür­lich anstren­gend und stres­sig, weil Sie sich selbst auch kei­ne Feh­ler erlau­ben dür­fen. Die Stim­mung bei der Arbeit ist auch nicht bes­te. Im schlimms­ten Fall äch­zen Sie unter einem hohen Kran­ken­stand.

Theo­rie Y: Oder den­ken Sie: „Ach, die Leu­te brau­chen Chan­cen und Frei­räu­me. Ver­trau­en und Poten­ti­a­l­ent­fal­tung sind die bes­te Moti­va­ti­on.“ Dann arbei­ten Sie eher mit einem Men­schen­bild der Theo­rie Y. Sie begeg­nen den Kol­le­gen ver­trau­ens­voll auf Augen­hö­he. Sie för­dern und freu­en sich über Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on, Wis­sens­aus­tausch und Eigen­in­itia­ti­ve. Ergeb­nis­se und Lösun­gen zäh­len mehr als die genaue Befol­gung einer Hand­lungs­an­wei­sung. Das schafft Sinn. Herz­li­chen Glück­wunsch: Wahr­schein­lich ist auch die Stim­mung im Team wert­schät­zend und mensch­lich ange­nehm.

Die Hal­tung bestimmt das Ver­hal­ten

Natür­lich ist auch die X-Y-Theorie nur eine sche­ma­ti­sche Kon­struk­ti­on. In Rein­kul­tur sind die Typen in der Pra­xis höchst sel­ten anzu­tref­fen. Doch es macht einen Unter­schied, mit wel­cher Grund­hal­tung Füh­ren­de ihren Mit­ar­bei­tern begeg­nen. Denn da spielt die „Selbst­er­fül­len­de Pro­phe­zei­ung“ eine Rol­le. Die jewei­li­ge Grund­hal­tung führt zu einem ande­ren Füh­rungs­ver­hal­ten (sie­he Abbil­dun­gen oben). Die­ses unter­schied­li­che Füh­rungs­ver­hal­ten för­dert oder bestä­tigt wie­der­um bei den Mit­ar­bei­ten, ob sie sich ent­spre­chend der Theo­rie X oder Y ver­hal­ten. Eine Sache bedingt im Krei­se die ande­re. Doch das lässt sich ändern!