Was Sie schon immer über Feedback wissen wollten – Teil 3

Die­ser Blog-Beitrag erschien zuerst auf System-Analyst.

Wie im vor­letz­ten Blog beschrie­ben, besteht Feed­back aus zwei Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­ni­ken:

  • Ich-Botschaften und
  • Akti­ves Zuhö­ren.

Die­ser Blog­bei­trag beschreibt, wor­um es beim akti­ven Zuhö­ren geht und wie es funk­tio­niert, so dass Sie es gleich aus­pro­bie­ren kön­nen. Die Tech­nik der Ich-Botschaften wer­de ich im nächs­ten Blog­bei­trag beschrei­ben.

Akti­ves Zuhö­ren von Carl Rogers

Akti­ves Zuhö­ren ist eine sehr kraft­vol­le Kommunikations-Technik und in jeder Situa­ti­on nütz­lich, d.h. Sie kön­nen es so gut wie in jeder Gesprächs­si­tua­ti­on anwen­den und nicht nur, wenn Sie Feed­back geben wol­len.

Es wirkt wert­schät­zend und ver­lang­samt die Gesprächs­dy­na­mik. Wei­ter hilft es den Gesprächs­be­tei­lig­ten zu über­prü­fen, ob man sich „rich­tig“ ver­stan­den hat. Damit mei­ne ich, ob das Gehör­te ver­stan­den wur­de und die Inten­ti­on des Gesag­ten den Betei­lig­ten klar wur­de.

War­um macht es Sinn, aktiv zuzu­hö­ren und was ist damit gemeint?

Grund­sätz­lich gehen Men­schen oft davon aus, dass das Gesag­te beim Gesprächs­emp­fän­ger eins zu eins ange­kom­men ist und bei­de sich daher auch eins zu eins ver­ste­hen müss­ten. Auch bei Tex­ten gehen wir meist davon aus, dass die „Wahr­heit“ ja qua­si schwarz auf weiß auf dem Papier stün­de und daher alles klar sei.

In einem ent­spann­ten Gespräch fühlt sich zudem die Schnitt­men­ge des gemein­sa­men Ver­ständ­nis­ses oft sehr hoch an, bei­spiels­wei­se hat mein Gegen­über ange­nehm zu mei­nen Aus­sa­gen genickt oder öfter auch mal „Ja“ gesagt, so dass ich den Ein­druck gewann, alles was ich sag­te, sei ver­stan­den wor­den. Die Schnitt­men­ge des gemein­sa­men Ver­ständ­nis­ses ist jedoch den­noch rela­tiv gering. Wie kommt das?

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Die Qua­li­tät des gemein­sa­men Ver­ständ­nis­ses hängt von vie­len Fak­to­ren ab: Unter ande­rem, wie gut man sich kennt, wie gut wir mit­ein­an­der ein­ge­spielt ist, wie der aktu­el­le Kon­text ist, ob wir unter Zeit­druck und Stress kom­mu­ni­zie­ren, wie­viel Emo­tio­na­li­tät im Spiel ist, etc. Dies wirkt kör­per­lich bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on immer mit und beein­flusst unter­schied­lich stark unse­re Wahr­neh­mung.

Heu­te weiß man, dass sowohl Sen­der als auch Emp­fän­ger bei der Kon­struk­ti­on von Wirk­lich­keit vie­le schnel­le Ein­zel­schrit­te i.d.R. unbe­wusst durch­lau­fen: Jeder der Gesprächs­part­ner hat dabei Wahl­mög­lich­kei­ten, was und wie­viel er auf­neh­men mag. Die­se Aus­wahl wird inter­pre­tiert und sofort bewer­tet. Dabei kön­nen von­ein­an­der höchst unter­schied­li­che Wahr­neh­mun­gen ent­ste­hen, da das Gan­ze sub­jek­tiv und sehr schnell abläuft. Und die­ser Vor­gang geschieht nicht sicht­bar. Was hin­ter der jewei­li­gen Stirn abläuft, bleibt somit eine Art black box.

In man­chen Situa­tio­nen, ins­be­son­de­re bei Zeit­druck oder wenn hohe Emo­tio­na­li­tät (Bsp.: Begeis­te­rung, Eupho­rie, Ver­liebt­heit, Ärger, Druck, Sor­ge, u.a.) im Raum ist, ist es daher unbe­streit­bar not­wen­dig, einen Gang zurück­zu­schal­ten, da unse­re Wahr­neh­mung stär­ker von kör­per­li­chen Abläu­fen beein­flusst wird.
D.h. wenn wir mer­ken, dass das Gesprächs­tem­po eine so hohe Dyna­mik hat, dass wir nur noch anein­an­der vor­bei­re­den, wenn ich mich unver­stan­den oder unge­hört füh­le, den ande­ren par­tout nicht ver­ste­he, unbe­frie­di­gen­de oder auch unan­ge­neh­me Gefüh­le wäh­rend des Gesprächs ent­ste­hen, etc. könn­te dies ein Wink für „höre jetzt aktiv zu“ sein, um Miß­ver­ständ­nis­se zu ver­mei­den und in die black box hin­ein­zu­schau­en.

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Wie funktioniert‘s?

Akti­ves Zuhö­ren ist eine Tätig­keit. Eini­ge Kun­den äußern nach dem erst­ma­li­gen Anwen­den, dass es anstren­gend sei, so kon­zen­triert jemand zuzu­hö­ren und es sich wie har­te Arbeit anfüh­le. Die­ser anfäng­li­che Effekt ist m.E. erst­mals der man­geln­den Pra­xis geschul­det und gibt sich mit der Zeit.

Den­noch bleibt Akti­ves Zuhö­ren eine bewuss­te Akti­on. Ich fokus­sie­re mich auf mei­nen Gesprächs­part­ner mit mei­ner vol­len Auf­merk­sam­keit und Zeit. Ich ver­su­che das Stör­rau­schen (bspw. soge­nann­tes Kopf-Kino, umher­wan­dern­de Gedan­ken, Umge­bungs­ge­räu­sche, Stö­run­gen, Musik, Bil­der, Lösungs­ide­en, Tipps, usw.) aus mei­ner Auf­merk­sam­keit zu ver­ban­nen und erst ein­mal nur mei­nem Gegen­über zuzu­hö­ren.
Wich­tig: Beim Akti­ven Zuhö­ren führt der Spre­chen­de.

D.h. als Zuhö­ren­der ver­mei­de ich es, das Gespräch mit Fra­gen zu len­ken. Natür­lich sind Ver­ständ­nis­fra­gen erlaubt.

Von Zeit zu Zeit fas­se ich nun das Ver­stan­de­ne zusam­men und gebe in eige­nen Wor­ten wider. Selbst­ver­ständ­lich kann ich auch dabei mit Fra­ge­for­mu­lie­run­gen anfan­gen wie „Ah inter­es­sant, habe ich Dich rich­tig ver­stan­den, dass Du…“, „Ah, Du meinst also, dass…“ usw.

Was pas­siert dadurch, dass ich nun wie­der­ge­be was ich ver­stan­den habe? Zum Einen wer­den mög­li­cher­wei­se mei­ne Inter­pre­ta­tio­nen, die ja nor­ma­ler­wei­se nur unbe­wusst hin­ter mei­ner Stirn ablau­fen, trans­pa­rent und die­se kön­nen völ­lig von der Inten­ti­on mei­nes Gesprächs­part­ners abwei­chen. Indem ich das aus­spre­che, kann mein Gesprächs­part­ner reagie­ren und ggf. noch ein­mal nach­drück­lich sagen, wie er was gemeint hat oder sich ggf. auch kor­ri­gie­ren. Oft ord­nen sich beim Spre­chen auch die eige­nen Gedan­ken, neue Lösun­gen und Ide­en kön­nen ent­ste­hen. Es fin­det eine Rückkopplungs-Schleife beim Spre­cher als auch beim Zuhö­rer statt, die wir nun bewusst und trans­pa­rent erle­ben. Wir lüf­ten dadurch etwas die black box.

So wech­seln wir die Rol­len. Die Spre­che­rin hört auf ein­mal zu, was von dem, was sie erzähl­te beim Part­ner ankam und kann noch ein­mal kor­ri­gie­ren, bevor sie wei­ter­erzählt.

Ohne akti­ves Zuhö­ren, hät­te ich womög­lich nur das Gefühl, der Ande­re ver­stün­de mich (bspw. auf­grund der vie­len „Ja’s“, „Mmmhs“ oder der Kör­per­spra­che) und wäre dann zu einem spä­te­ren Zeit­punkt völ­lig irri­tiert, wenn nach­fol­gen­de Hand­lun­gen nicht zu mei­nem Gesag­ten pas­sen wür­den.

Akti­ves Zuhö­ren kann ich vari­ie­ren. Bei­spiels­wei­se kann ich das, was ich gehört habe, als Essenz genau in den Wor­ten des Spre­chers wie­der­ge­ben und zusätz­lich spie­geln, was ich mei­ne, bei mei­nem Gegen­über emo­tio­nal wahr­zu­neh­men (in Ich-Botschaften).

Dies macht mei­nes Erach­tens in emo­tio­nal auf­ge­la­de­nen Situa­tio­nen Sinn wie bei­spiels­wei­se, wenn Span­nun­gen oder auch Kon­flik­te vor­lie­gen. Dage­gen kann ich frank und frei mei­ne eige­nen Inter­pre­ta­tio­nen äußern, wenn ich mich in einer ent­spann­ten Gesprächs­si­tua­ti­on befin­de. Wei­ter ist akti­ves Zuhö­ren eine der wich­tigs­ten Tech­ni­ken, wenn ich Gesprä­che mode­rie­re.

For­mu­lie­rungs­bei­spie­le für emo­tio­na­le Situa­tio­nen:

  • …und ich mer­ke, dass bei dem wie Du das sagst, Dich das sehr getrof­fen, beschäf­tigt, geär­gert, etc. hat – passt das für Dich?“
  • …ich habe den Ein­druck, dass es Dir nicht gut geht, Du wirkst auf mich blass, etc.…

Beim Akti­ven Zuhö­ren schen­ke ich mei­ne Zeit, mein Ohr und mei­ne Auf­merk­sam­keit mei­nem Gesprächs­part­ner. Es geht nicht dar­um, das Gesag­te zu kom­men­tie­ren, zu wer­ten oder das Gespräch mit Fra­gen zu füh­ren. Es ist ein wert­schät­zen­der Pro­zess, bei dem es nicht auf Zeit ankommt.

Ich kann auf eini­ge Situa­tio­nen zurück­schau­en, in denen es um weit­rei­chen­de Ent­schei­dun­gen mit ver­trau­ten Gesprächs­part­nern ging, wo ich das Gefühl eines gemein­sa­men Ver­ständ­nis­ses hat­te und akti­ves Zuhö­ren nicht prak­ti­zier­te „schließ­lich ken­nen wir uns doch schon seit 12 Jah­ren“. Als dann aber etwas ganz ande­res ent­schie­den wur­de, als ich gemeint hat­te, war ich dann doch sehr per­plex. Wenn es um weit­rei­chen­de Ent­schei­dun­gen für eine Orga­ni­sa­ti­on geht, kann  sich das sowohl für die Sach- als auch Bezie­hungs­ebe­ne sehr schäd­lich aus­wir­ken.

Mer­ke: Auch in hek­ti­schen Situa­tio­nen oder mit gut ein­ge­spiel­ten Gesprächs­part­nern lohnt es sich immer wie­der ab und zu akti­ves Zuhö­ren anzu­wen­den! Die Ergeb­nis­se sind oft durch­aus über­ra­schend und loh­nens­wert – sowohl für die Sache als auch die Bezie­hung.

Im nächs­ten Blog stel­le ich dann das The­ma Ich-Botschaften vor. Falls Sie das Gan­ze pra­xis­nah in einer Grup­pe und nicht allei­ne üben möch­ten, mel­den Sie sich ger­ne für unse­ren inter­ak­ti­ven Work­shop Feedback-Kultur an!